SED erhält rund die Hälfte der Stimmen

Die Sowjetische Besatzungsmacht verzichtete in der unmittelbaren Nachkriegszeit zunächst darauf, ihre politische Ordnung auf die Sowjetische Besatzungszone zu übertragen. Entgegen der stalinistischen Praxis eines Einparteiensystems gestattete die Sowjetische Militäradministration (SMAD) bereits am 10. Juni 1945 die Gründung „antifaschistisch-demokratischer Parteien”.

Im Herbst 1946 fanden in der Sowjetischen Besatzungszone Wahlen zu den Landtagen und den kommunalen Vertretungskörperschaften statt. Auch wenn diese Wahlen die Kriterien freier demokratischer Wahlen nicht erfüllten, ermöglichen sie einen Eindruck von den politischen Präferenzen der Bevölkerung. In Sachsen bekam die SED etwa die Hälfte der Stimmen, LDP und CDU den größten Teil der anderen Hälfte. Zu den vielfältigen Benachteiligungen der „bürgerlichen” Parteien gehörte, dass eine Partei bei den Wahlen in einer Gemeinde nur antreten konnte, wenn sie dort über eine von der SMA registrierte Ortsgruppe verfügte.

"Simulierte Demokratie"

Vor den Wahlen war aber die interne Weisung an die sowjetischen Propagandaoffiziere ergangen, die Gründung auf jede nur mögliche Art zu behindern. Die SED hatte vor den Wahlen in Sachsen 2402 Ortsgruppen, während von der LDP 421 und der CDU nur 654 Ortsgruppen zugelassen waren. Im Kreis Hoyerswerda hatte diese Praxis bei den Gemeindewahlen vom 1. September Erfolg. Von den 91 zugelassenen Wahlvorschlägen entfielen 76 auf die SED, einer auf die LDP und sechs auf die CDU. Dort, wo die beiden „bürgerlichen” Parteien zugelassen waren, erzielten sie sehr gute Ergebnisse (Stadt Hoyerswerda: SED: 37,5%; LDP: 36,8 %; CDU: 19,3 %). CDU und LDP hatten in allen größeren sächsischen Städten (außer Chemnitz) gemeinsam eine absolute Mehrheit erzielt. In den Gemeinden, wo nur die SED zur Wahl stand, machten viele Bürger von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch.

Bei den Wahlen zum Sächsischen Landtag am 20. Oktober bekam die SED 49,1% der abgegebenen Stimmen (siehe Tabelle unten). Mit den „Hilfslisten” hatte die SED eine knappe Mehrheit der Mandate. Nach langwierigen Verhandlungen bildete sich eine Allparteienkoalition. Alle Schlüsselressorts wurden von Mitgliedern der SED besetzt. Spätestens 1952 war das in Moskau von der KPD entworfene Zwei-Stufen-Programm verwirklicht worden: Die erste Phase war eine den außenpolitischen Interessen der Sowjetunion entgegenkommende „simulierte Demokratie” unter Führung der KPD, die zweite eine offene Diktatur. Die Liquidierung der Länder und die 2. Parteikonferenz der SED im Sommer 1952 setzten den Schlusspunkt unter diesen im Mai 1945 eingeleiteten Prozess.